Prof. Dr. Thomas Kraus, Chefarzt, Frankenalb-Klinik Engelthal
BLICK IN DIE ZUKUNFT
Psychiatrie gestalten
Chefarzt Prof. Dr. Thomas Kraus setzt auf Spezialisierung, Integration und innovative Therapien in der Frankenalb-Klinik Engelthal
Die Frankenalb-Klinik Engelthal hat sich in den vergangenen 20 Jahren gezielt zu einem psychiatrisch-psychosomatischen Versorgungskrankenhaus für das östliche Mittelfranken und die angrenzende Oberpfalz weiterentwickelt. Zudem übernehmen wir die Notfall- und Pflichtversorgung für das Nürnberger Land.
Alle vier Bereiche der Erwachsenenpsychiatrie sind vertreten: Allgemein- und Akutpsychiatrie, Gerontopsychiatrie, Suchtmedizin und Psychosomatik – sektorenübergreifend und eng verzahnt. Zusätzlich bieten wir eine aufsuchende Pflege an, um auch Patientinnen und Patienten zu erreichen, die nicht in unsere psychiatrische Institutsambulanz kommen können.
Klinikschwerpunkte und Privatstation
Einen besonderen Schwerpunkt setzen wir in der psychosomatischen Behandlung – insbesondere mit unserem deutschlandweit bekannten Burnout-Konzept. Ergänzt wird dieses Angebot durch eine moderne Wahlleistungs- und Komfortstation, die sich auf zwei Etagen in einem eigenen Gebäude befindet. Mit insgesamt 191 vollstationären Betten – darunter 33 für psychosomatische Behandlungen – und 20 tagesklinischen Plätzen sind wir für unseren gesetzlichen Versorgungsauftrag breit aufgestellt. Wir betreiben neun Stationen, davon zwei mit beschütztem Bereich sowie eine Tagesklinik. Rund 15 Prozent unserer Patientinnen und Patienten sind privat versichert oder Selbstzahler – ein für eine Bezirksklinik in Bayern außergewöhnlich hoher Anteil. Diese Diversifizierung hat es uns in den vergangenen Jahren ermöglicht, wirtschaftlich solide zu arbeiten und durchgängig positive Ergebnisse zu erzielen.
Aktuelle Herausforderungen
Eine zentrale Herausforderung bleibt die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Viele unserer Patientinnen und Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen können unsere ambulanten Angebote nur schwer wahrnehmen, weil es keine verlässliche Verbindung zur Klinik gibt.
Auch die bauliche Situation stellt uns vor Probleme: Die freistehende psychosomatische B-Station und die integrierte Tagesklinik sind dringend sanierungs-oder erneuerungsbedürftig. Der letzte Generalausbau wurde 2006 abgeschlossen und es liegt bislang keine Finanzierungszusage des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention für einen Neubau in den nächsten zehn bis 15 Jahren vor. Zudem sehen wir uns mit einem zunehmendem Druck bei der Personalplanung konfrontiert. Die bundesweit geltenden Mindestvorgaben durch die Personalausstattung-Psychiatrie-und-Psychosomatik-Richtlinie fordern eine kontinuierliche Fachpersonalausstattung, die wir angesichts des angespannten Arbeitsmarkts kaum noch realisieren können. Besonders problematisch ist die Forderung nach flexiblem Personaleinsatz abhängig von der Belegung, was in der Praxis nicht realisierbar ist.
Bleibt der Personaleinsatz ab 2026 unter 90 Prozent der vorgegebenen Mindestbesetzung, sieht der Gesetzgeber finanzielle Konsequenzen vor. Gleichzeitig lehnen die Krankenkassen eine auskömmliche Finanzierung zusätzlichen Personals ab, wenn die Zielbelegung nicht erreicht wird. Damit droht eine strukturelle Unterfinanzierung.
Als vollversorgende Psychiatrie müssen wir jedoch jederzeit Personal und Strukturen für die Notfall- und Pflichtversorgung vorhalten. Diese Verantwortung wird in den aktuellen Finanzierungsmodellen nicht ausreichend berücksichtigt.
Strategien für die kommenden Jahre
Um den Herausforderungen der nächsten zehn bis 15 Jahre zu begegnen, stellen wir uns strategisch und strukturell breiter auf. Wir halten an unserem umfassenden Versorgungsansatz fest – sowohl im psychiatrischen als auch im psychosomatischen Bereich – und setzen weiterhin auf fließende Übergänge zwischen den Sektoren.
Zugleich setzen wir weiterhin auf besondere fachliche Schwerpunkte, die unsere Klinik auch für überregionale Patientinnen und Patienten attraktiv machen. Besonders im Bereich arbeitsplatzbezogener Störungen wie Burnout haben wir uns mit einem spezialisierten Behandlungsangebot etabliert. Bereits seit vielen Jahren pflegen wir enge Kontakte zu regionalen Unternehmen und beraten sie bei der Prävention psychischer Erkrankungen. Diese Zusammenarbeit wollen wir weiter ausbauen – mit neuen, passgenauen Beratungspaketen für Betriebe, Führungskräfte und Beschäftigte.
Auch die Behandlung von Privatpatientinnen und -patienten bauen wir weiter aus, insbesondere in den Bereichen Allgemeinpsychiatrie, Alterspsychiatrie und Suchtmedizin. Dabei setzen wir zunehmend auf innovative Verfahren, etwa die transkranielle Magnetstimulation oder die transkutane Vagusnervstimulation sowie auf wissenschaftlich geprüfte Medikamente wie Esketamin. Unser Ansatz verbindet innovative Therapien mit bewährten Elementen der Naturtherapie und der achtsamkeitsbasierten Psychotherapie – gemäß unserem Leitgedanken: „Im Grünen zu sich finden.“
Vision: Zentrum für moderne, integrierte Psychiatrie
In den kommenden Jahren wollen wir die Frankenalb-Klinik weiter als Zentrum einer modernen, integrierenden, psychosomatisch ausgerichteten Psychiatrie und Psychosomatik ausbauen – mit einem klaren Fokus auf wissenschaftlich fundierte, zugleich sanfte und individuell ausgerichtete Behandlungsmethoden. Ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie ist dabei die Ausweitung regionaler Strukturen: Wir streben an, die wohnortnahe Versorgung durch kleinere, dezentrale Einheiten zu stärken. Idealerweise entsteht im Norden und Süden des Nürnberger Landes jeweils eine weitere Tagesklinik mit angegliederter psychiatrischer Institutsambulanz. Von dort aus könnten auch aufsuchende Stationsäquivalente Behandlungen (StäB) erfolgen, um das intersektorale Portfolio der Frankenalb-Klinik zu ergänzen. Für Patientinnen und Patienten bedeutet das: kurze Wege, flexible Angebote, intensive Unterstützung im gewohnten Umfeld. Und für die Menschen, die eine intensivere Behandlung benötigen, bleibt die Hauptklinik in Engelthal weiterhin ein verlässlicher Ort für Rückzug sowie der Therapieintensivierung und -spezialisierung.
Dieses Mischkonzept aus regionaler Präsenz und zentraler Expertise, aus gesetzlicher Versorgung und wahlärztlicher Betreuung, macht unsere Klinik auch künftig attraktiv – für Patientinnen und Patienten ebenso wie für Fachkräfte. Das ist die Basis, auf der wir unsere medizinische Qualität und wirtschaftliche Stabilität langfristig sichern wollen.